Interview mit Juliane Pohlmann (Mitglied im Steuerungsteam)
Ist bei den Leipziger Verkehrsbetrieben tätig im Bereich:
ITBeschäftigt sich im Projekt MADAM mit der Fragestellung:
Welche Herausforderungen ergeben sich durch mobil-digitale Arbeit für die Personalführung?Persönliches Motto:
Vertrau Deiner Intuition, Du weißt viel mehr als Du glaubst!
Was machst du bei den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) und wie lange bist du schon dabei?
Ich bin im Bereich Informationstechnologie beschäftigt und betreue dort unsere zentrale SharePoint-Zusammenarbeitsplattform, mit der wir ca. 5.000 Anwender*innen ermöglichen, dass sie von überall auf ihre Unternehmensdaten zugreifen können. Ich bin seit dem 1. Juni 2018 bei der LVB beschäftigt.
Was ist deine Rolle im Projekt MADAM und warum arbeitest du im Projekt mit?
Im Projekt MADAM bin ich Teil des Steuerungsteams und mit drei weiteren Kolleg*innen für das Teilprojekt 3, Qualifizierung und Führung, verantwortlich. Warum ich im Projekt mitarbeite, hat mehrere Gründe. Zum einen wegen meiner Tätigkeit – die Arbeit mit SharePoint ermöglicht ja aktuell bereits die Zusammenarbeit von überall. Zudem habe ich nebenbei Wirtschaftspsychologie mit den Schwerpunkten Change Management, Personalentwicklung und Führungspsychologie studiert und das passt natürlich total gut zum Projekt. Und nicht zuletzt lerne ich immer gerne etwas Neues und arbeite dabei besonders gerne in übergreifenden Projekten, die Themen aus einer komplexen Sicht betrachten. Und so hat sich das für mich im Projekt MADAM alles gut zusammengefügt.
Die Teams wurden ja aus ganz unterschiedlichen Abteilungen und Hierarchieebenen zusammengesetzt. Wie gut funktioniert das, was sind deine Erfahrungen?
Das funktioniert sehr gut. Hilfreich war dabei sicherlich unsere einwöchige Ausbildung zu Design Thinking Moderator*innen, da konnten wir uns gut kennenlernen und gemeinsam die Methode erlernen. Im Rahmen dieser Schulung ist auch deutlich geworden, dass die Gruppe selbst keinen Unterschied zwischen den Hierarchieebenen macht. Es war egal, ob ein Fahrer oder eine Führungskraft seine Meinung äußerte. Diese Offenheit hilft uns auch im Teilprojekt 3. Dort treffen wir uns regelmäßig einmal in der Woche, um die nächsten Aufgaben zu besprechen, das bisher Erreichte zu bewerten und unsere Zusammenarbeit zu optimieren. Dadurch sind wir als Team ganz gut zusammengewachsen.
Wie seid ihr im Projekt vorgegangen und in welcher Phase steht ihr aktuell?
Wir haben zunächst mit teilnehmenden Beobachtungen begonnen und anschließend viele Interviews durchgeführt. Da ging es hauptsächlich darum, wie Führung erlebt wird, sowohl aus der Sicht der Führungskräfte als auch der Mitarbeiter*innen. Aus den Ergebnissen haben wir die wichtigsten Bedürfnisse abgeleitet und darauf aufbauend Personas entwickelt, die sich durch unterschiedliche Merkmale auszeichnen. So haben wir beispielsweise die Persona eines Projektleiters erarbeitet, der oft geschäftlich unterwegs ist, sich gleichzeitig aber gerne seinem Team zugehörig fühlen möchte. Oder eine Persona einer Führungskraft, die ihren Arbeitsaufgaben nicht richtig gerecht werden kann, weil sie nicht alle Informationen erhält, die sie braucht. Also insofern sind das ganz verschiedene Themen, die wir in diesen Personas stellvertretend für viele Mitarbeiter*innen abbilden und bündeln.
Was ist dir besonders wichtig an den Themen?
Mir ist besonders wichtig, dass das Thema „mobile Arbeit“ stärker in den betrieblichen Vordergrund rückt und diskutiert wird. Digitale Arbeit ist im Verwaltungsbereich ja schon stark etabliert, aber mobile Arbeit ist teilweise immer noch mit einem negativen Beigeschmack versehen. Befürchtungen der Führungskräfte, Steuerungsmöglichkeiten zu verlieren, oder die der Mitarbeiter*innen, die mobil arbeitenden Kolleg*innen nicht immer erreichen zu können, zeigen, dass bei mobiler Arbeit Vertrauen eine wichtige Rolle spielt. Mir ist wichtig, dass wir diese Themen auf den Tisch bringen und dass wir auch unsere Erfahrungen aus der aktuellen Corona-Situation reflektieren, um entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
Inwiefern ist es wichtig, die aktuelle Corona-Situation im Projekt MADAM zu reflektieren?
In den letzten Wochen waren und sind viele Mitarbeiter*innen durch den Infektionsschutz gezwungen, weit häufiger, oder sogar erstmals, im Homeoffice zu arbeiten. Das ist eine einmalige, außergewöhnliche Situation. Wir alle haben neue Erfahrungen gemacht, die für die Lösungen, die wir im Projekt erarbeiten möchten, wichtig sind. Dabei geht es vor allem um die Frage, was uns geholfen hat, mit der Situation umzugehen, was hinderlich war und was man künftig besser machen kann.
Was hast du persönlich bisher im Projekt MADAM gelernt? Was hat dich überrascht?
Ich habe gelernt, dass Menschen aus unterschiedlichen Bereichen, unabhängig von ihren Erfahrungen, Einstellungen und Fähigkeiten, häufig die gleichen Bedürfnisse haben. Und die drehen sich oft um Anerkennung, soziale Zugehörigkeit und Kommunikation. Ich habe zudem gelernt, wie toll und wie wichtig interdisziplinäre Zusammenarbeit ist. Es ist jetzt mein erstes Projekt, in dem tatsächlich so interdisziplinär gearbeitet wird. Ich habe vorher jahrelang in Projekten gearbeitet, aber diese Art der Zusammenarbeit kannte ich bisher noch nicht. Und ich finde sie richtig gut.
Überrascht hat mich, wie viel Flexibilität die Methode erfordert. Durch die Agilität im Vorgehen kann man nicht gut vorplanen. Man kann nicht sagen, ich stehe jetzt hier und in einem halben Jahr dort. Man hat stattdessen einen groben Rahmen in welcher Zeit man bestimmte Dinge machen möchte, aber wie das Ergebnis aussehen wird, weiß man noch nicht. Das ist auch bei Workshops so, d.h. man muss immer darauf reagieren was die Mitstreiter*innen erarbeiten und dann schauen, was man mit den Ergebnissen macht und was man noch braucht. Das bedeutet, dass man mehr Eigenverantwortung hat, was mir persönlich sehr gut gefällt, weil man mehr gestalten kann als in Projekten, die vordefiniert sind.
Ist die Ergebnisoffenheit der Methode ein Problem?
Das ist ganz unterschiedlich, es kommt auf die Persönlichkeit der Menschen an wie sie damit umgehen. Wichtig ist auch, dass man sich im Team gegenseitig vertraut. So können die, die sagen „lass uns einfach mal machen, da kommt schon was Gutes dabei raus“ die mitziehen, die damit eher Schwierigkeiten haben. Ich glaube, was in der Gruppe gut ankommt ist, dass die Methode die Möglichkeit bietet, Fehler zu machen, dass das sogar einkalkuliert ist. Wir können bei einem Fehler leicht zurückgehen und ihn korrigieren. Das ist für mich persönlich auch ein wichtiger Aspekt bei dieser Methode, weil ich glaube, dass Fehler insgesamt noch einen zu schlechten Ruf haben. Das ist total schade, weil uns Irrtümer eigentlich zu wirklicher Weiterentwicklung zwingen – dazu neue Wege zu finden, die man vorher gar nicht gesucht hätte.
Wie findest du die Methode Design Thinking?
Als wir die Methode kennengelernt haben, war sie mir ganz schnell vertraut, da wir in der SharePoint-Individualentwicklung schon so vorgehen. Ich habe ein gutes Gefühl dabei und finde nun spannend wie gut sie auch in diesem Projekt funktioniert. Und ich muss sagen, je länger wir uns damit befassen, umso besser finde ich sie. Weil ich praktisch erfahren kann, wie die einzelnen Schritte Sinn machen.
Welche Bilanz ziehst du für dich nach einem Jahr MADAM?
Ich ziehe eine sehr positive Bilanz. Für mich ist das Projekt von Anfang an spannend gewesen, es passt auch weiterhin sehr gut für mich. Wir arbeiten hier mit vielen motivierten und interessanten Menschen zusammen an Lösungen, die im Moment aktueller sind denn je. Das finde ich toll, und es macht mir Spaß.